BELLIS e.V.

Leipziger Bündnis „Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch“

Sehr geehrte Frau Honert-Boddin,
sehr geehrte Frau Fenger,
sehr geehrter Herr Wolf,
sehr geehrte Vertreter:innen der beteiligten Sponsoren,

Mit großer Irritation haben wir, das Leipziger Bündnis „Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch“, von der Einladung des Rammstein-Sängers Till Lindemann zum diesjährigen Leipziger Opernball erfahren.
Wir möchten betonen: Es geht uns nicht um die mediale Figur einer einzelnen Person, sondern um die gesellschaftliche Verantwortung, die Sie als Veranstaltende und Fördernde eines geprägten Kulturevents in städtischer Liegenschaft tragen.

Dass eine Institution wie die Opernball Leipzig Produktion GmbH – gemeinsam mit der Oper Leipzig – einer Person eine Bühne bietet, gegen die schwere Vorwürfe sexueller Übergriffe und Machtmissbrauchs öffentlich erhoben wurden, sendet ein fatales Signal. 

Auch wenn das strafrechtliche Verfahren eingestellt wurde, bleibt folgende Frage im Raum: Sind das Verhalten Lindemanns und die festgestellten Rekrutierungskampagnen durch seine ehemalige „Casting Direktorin“  für sexuelle Leistungen auch moralisch unproblematisch?

Die Frage steht stellvertretend für eine Realität, in der Machtmissbrauch gegenüber Frauen allzu oft folgenlos bleibt und Betroffene mit Missachtung, Relativierung und Victim Blaming konfrontiert und Täter in Schutz genommen werden. Die Diskussion über das moralische Fehlverhalten mächtiger Personen wie Lindemann wird zu häufig beendet, sobald strafrechtliche Ermittlungen eingestellt werden. Es wurde mit sexualisierter Gewalt in Form von Unterhaltung Profit gemacht, während gleichzeitig eben diese Gewalt für zahlreiche Kinder und Frauen immer noch eine allgegenwärtige Realität ist, mit Folgen für ihr ganzes Leben. Die Täter werden in den seltensten Fällen verurteilt (Verurteilungsquote 8,4 % ) oder in die strafrechtliche und moralische Verantwortung genommen.

Wir, die alltäglich mit Sexismus, sexualisierter Gewalt und patriarchalen Strukturen befasst sind, kennen diese Muster nur zu gut.
Gerade deshalb irritiert uns Ihr wiederholter Verweis auf „Vielfalt“ und „juristische Unbedenklichkeit“. Vielfalt endet dort, wo die Würde anderer verletzt wird. Juristische Unschuld ist kein moralischer Freifahrtschein.
Damit wir als Gesellschaft hier endlich einen Wandel erfahren, braucht es Haltung von uns allen. Haltung, dass ein solches Verhalten verurteilt wird, dass es nicht zur Unterhaltung dient.
Ein Ball, der sich mit Stil und Wohltätigkeit schmückt, während er zugleich bewusst in Kauf nimmt, dass sich Überlebende sexualisierter Gewalt und Missbrauch verhöhnt fühlen, verfehlt seinen gesellschaftlichen Anspruch.

Wir erwarten von den Organisator:innen, den Sponsor:innen und den städtischen Partner:innen klare Haltung:
●    gegenüber der Bagatellisierung von sexualisierter Gewalt,
●    gegenüber der Instrumentalisierung von „Vielfalt“ zur Entpolitisierung solcher Entscheidungen und
●    gegenüber der Verantwortung, die Kulturinstitutionen in einer demokratischen und gleichberechtigten Gesellschaft tragen.

Der Leipziger Opernball steht für viele Menschen stellvertretend für die gesamte Stadt Leipzig. Lassen Sie uns daher gemeinsam sicherstellen, dass Leipzig weiterhin als Stadt wahrgenommen wird, die sich kompromisslos für die Sicherheit von Mädchen und Frauen positioniert. Wir geben in unserer täglichen Arbeit mit Betroffenen alles uns Mögliche, um, eine Gesellschaft zu schaffen, die für Mädchen und Frauen sicher ist.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich klar positionieren. Gern unterstützen wir Sie dabei, Ihre Veranstaltungen künftig mit den Werten der Gleichstellung, des Respekts und des Schutzes vor Gewalt zu vereinbaren und würden hierzu auch ein Gespräch mit den Organisator:innen sehr begrüßen.

Mit freundlichen Grüßen,
Leipziger Bündnis Gemeinsam gegen sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch

Liste der Unterstützer:innen (nach Institutionen und Personen alphabetisch | Stand 21.10.2025):
AG LISA Leipzig
Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz”
Bellis e.V.
elipamanoke
Frauen für Frauen e.V. Leipzig
Frauenkultur e.V. Leipzig
Feminist Rebellion
Feministischer Streik Leipzig
Förderverein sozialer Projekte e. V.
Keine Mehr Leipzig
LEBENSZEITEN e.V.
LiveKommbinat Leipzig e.V.
Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e.V.
MONAliesA – Feministische Bibliothek und Archiv
NachtRat Leipzig
Omas gegen Rechts Leipzig
Pro Choice Leipzig
SAIDA International e.V.
Wellemachen e.V.
WERK 2 – Kulturfabrik Leipzig e. V.

Anja Kloos
Anne Rehberg, Black Label Pub
Anne Petzold, Koordinierungsstelle Nachtleben Leipzig
Annemarie Kronhardt
Elke Kloos
Fabian Kunth
Irena Rudolph-Kokot
Julia Kloos
Kathrin Darlatt, Beauftragte für Menschen aller Geschlechter und sexuellen Identitäten
Mandy Uhlig, Kommunale Gleichstellungsbeauftagte nach § 64 SächsGemO
Manuela Grimm, DGB Leipzig-Nordsachsen
Marilyn Rockholz
Susann Neuber
Valentin Marc Helmholz

 

Bellis e.V.

Beratung

Weißenfelser Straße 48a
04229 Leipzig

beratung@bellis-leipzig.de

+49 (0) 341 39285565


Modellprojekt/Medizinische Soforthilfe

Bornaische Straße 18
04277 Leipzig

+49 (0) 341 39285560
+49 (0) 341 39285569

kontakt@bellis-leipzig.de

Kontakt
Close